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links, news // 2011.02.14 08:36:11 [hh]

Der "Street Photography" Nachlaß von Vivian Maier: Mittelformataufnahmen aus 50 Jahren Chicago in Schwarzweiß

Vivian Maier ist ein Kindermädchen, das über fast 50 Jahre mit ihrer Mittelformatkamera beeindruckende Schwarzweißbilder in Chicago aufgenommen hat. Das Resultat sind über 100.000 Negative, Tausende von Prints und zahllose Filmrollen, die noch nicht entwickelt wurden, aus den Fünfzigern bis Neunzigern. Ein Bildband kam bereits heraus, ein "Kickstarter"-Projekt soll einen Film finanzieren und eine Hamburger Galerie stellt die Bilder aus.

John Maloof, der Besitzer der Sammlung

John Maloof besitzt die gesamte Sammlung: "I acquired Vivian's negatives while at a furniture and antique auction while researching a history book I was co-authoring on Chicago's NW Side. From what I know, the auction house acquired her belongings from her storage locker that was sold off due to delinquent payments. I didn't know what 'street photography' was when I purchased them.

It took me days to look through all of her work. It inspired me to pick up photography myself. Little by little, as I progressed as a photographer, I would revisit Vivian's negatives and I would "see" more in her work. I bought her same camera and took to the same streets soon to realize how difficult it was to make images of her caliber. I discovered the eye she had for photography through my own practice. Needless to say, I am attached to her work.

After some researching, I have only little information about Vivian. Central Camera (110 yr old camera shop in Chicago) has encountered Vivian from time to time when she would purchase film while out on the Chicago streets. From what they knew of her, they say she was a very "keep your distance from me" type of person but was also outspoken. She loved foreign films and didn't care much for American films.

Some of her photos have pictures of children and often times it was near a beach. I later found out she was a nanny for a family on the North Side whose children these most likely were. One of her obituaries states that she lived in Oak Park, a close Chicago suburb, but I later found that she lived in the Rogers Park neighborhood.

Out of the more than 100,000 negatives I have in the collection, about 20-30,000 negatives were still in rolls, undeveloped from the 1960's-1970's. I have been successfully developing these rolls. I must say, it's very exciting for me. Most of her negatives that were developed in sleeves have the date and location penciled in French (she had poor penmanship).

I found her name written with pencil on a photo-lab envelope. I decided to 'Google' her about a year after I purchased these only to find her obituary placed the day before my search. She passed only a couple of days before that inquiry on her.

I wanted to meet her in person well before I found her obituary but, the auction house had stated she was ill, so I didn't want to bother her. So many questions would have been answered if I had."

Galerie Hilaneh von Kories, Hamburg

"Vom 27. Januar bis zum 28. April 2011 präsentiert die Hamburger Galerie Hilaneh von Kories die Ausstellung 'Twinkle, twinkle, little star...' mit einer Auswahl von über achtzig Werken aus den fünfziger bis sechziger Jahren, der bisher in Deutschland nie gezeigten Fotografin Vivian Maier. Eine überraschende Neuentdeckung, denn Vivian Maier hat zu Lebzeiten keines ihrer Bilder publiziert oder war je in die fotografische Öffentlichkeit getreten. Ihren Lebensunterhalt hat sie als Kindermädchen verdient, doch ihre wirkliche Passion lag in der Fotografie. In den fünfziger bis neunziger Jahren entstand ein riesiges Werk mit Fotografien aus den Straßen von Chicago und New York. Sie zeigen vor allem Menschen auf Straßen und Plätzen, kleine Läden und Cafes, das alltägliche Leben.

Fast wäre dieser Schatz verloren gegangen. Die Rettung war vor ein paar Jahren die wohl schicksalhafte Begegnung des Werkes mit dem Immobilienmakler John Maloof aus Chicago. Was mit seiner eher beiläufigen Ersteigerung eines Kartons aus dem Bestand eines Lagerhauses während einer Möbelauktion begann, entwickelt sich seither für den Käufer zu einer wahren Lebensaufgabe. Nur wenige Abzüge, aber über 100.000 schwarz-weiß Negative, in Pergaminhüllen verwahrt, französisch beschriftet, fanden sich in dem Karton. Dazu kamen noch rund 20.000 Farbdiapositive und tausende von bisher nicht entwickelten Filmrollen. Erst bei der allmählichen Sichtung und Auswertung wird deutlich, welche Fülle und Qualität dieser Ankauf enthielt.

Vivian Maier fotografierte die Flaneure, die Hausfrauen, die Händler, Arme und Reiche und vor allem Kinder und ihre Spiele auf der Straße. Denn, so scheint es, Kindern fühlte sie sich immer besonders nah. Teils voller Neugier, teils mit ernster Distanz blicken sie in die Kamera der Fotografin. Trotz aller Spontaneität hat sie einen genauen Blick für das Wesentliche, für die gelungene Komposition. So entstanden hinreißende Porträtstudien. Der Betrachter von heute erlebt nicht nur die Passanten von damals, sondern erhält ganz nebenbei einen Einblick in die Wohn- und Lebensverhältnisse, den Alltag der Großstadt. Die Fotografien bezeugen weit mehr als nur dokumentarisches Interesse, sie zeigen den subjektiv wahrnehmenden und gestaltenden Blick auf die Zeit. Der Augenblick von damals fasziniert auch heute. Den Vergleich mit den Legenden der street photography, wie Robert Frank, Helen Levitt, Diane Arbus oder Henri Cartier-Bresson braucht das Werk von Vivian Maier nicht zu scheuen. Auch wenn es nun erst ein halbes Jahrhundert später entdeckt wird.

War die Begegnung des unfreiwilligen Nachlassverwalters Maloof eher Zufall oder Fügung? Mit unglaublicher Energie und großer Akribie widmet sich Maloof dem Bilderschatz. So bringt er nach und nach die fotografischen Meisterwerke von Vivian Maier zurück in die Öffentlichkeit, wenngleich auch nach intensiven Recherchen noch viele biografische Details über die Autorin im Verborgenen sind. Geboren wurde sie in New York als Tochter europäischer Einwanderer. Anfang der fünfziger Jahre begann sie als Kindermädchen zu arbeiten, ab 1956 war sie für eine sehr reiche Familie in Chicago tätig.

Nach den wenigen Aussagen über ihre Person war Vivian Maier wohl ein eigensinniger, bisweilen eigenwilliger Charakter, der seine Unabhängigkeit in der Fotografie fand. Nach Krankheit und einer Zeit der Obdachlosigkeit finanzierten ihr später drei Brüder, die früher von ihr als Kindermädchen betreut wurden, bis zum Ende ihres Lebens eine kleine Wohnung in Chicago.

Auch wenn das Geld und die Zeit nie für eine eigene Dunkelkammer und die Veröffentlichung von Bildern gereicht haben und Vivian Maier den Erfolg durch die Arbeit ihres Wiederentdeckers nicht mehr erleben kann, hat ihr Werk heute seinen Platz in der Fotografiegeschichte gefunden.

Twinkle, twinkle, little star,
How I wonder what you are!
Up above the world so high,
Like a diamond in the sky!

Alle Motive wurden mit Epson UltraChrome K3 archival inks auf Epson UltraSmooth Fine Art Paper geprintet."

Direkter Link zum Blog: vivianmaier.blogspot.com, Galerie Hilaneh von Kories, Hamburg (27. Januar bis 28. April 2011)

 

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